Unter dem Titel „Anerkennung für Moerser Stolpersteine“ haben wir bereits in unserer Festschrift „75 Jahre Kriegsende und Befreiung“ von 2021 darüber berichtet, dass sich aus England Nachfahren von Moritz und Golda Chaim gemeldet haben, für die wir 2013 Stolpersteine an der Kirchstraße 17 gelegt hatten.
Die vier Kinder des Ehepaars – Hudia, Ruth, Samuel und Renate – konnten nach England fliehen, vor allem mit einem der Kinderzüge von 1938 von Köln nach Belgien.
Der 2021 wegen Corona verschobene Besuch der Familie in Moers wurde vom 23.bis 25. September nachgeholt – mit nicht weniger als acht Personen.
Am ersten Tag ihres Besuches hatten die Gäste versucht, sich ein eigenes Bild von Moers und dem Lebensumfeld ihrer Großeltern zu machen. Der „offizielle“ zweite Tag, zu dem auch Grüße von Bürgermeister Christoph Fleischhauer überbracht werden konnten, begann mit einer Power-Präsentation oben in der Moerser NS-Dokumentation im Alten Landratsamt.
Hier konnten wir nicht weniger als 72 auf die Familie Cahaim zugeschnittene Folien zeigen, zu denen die Gäste zahlreiche Verständnisfragen stellen: die erhaltenen städtischen Meldekarten, von denen die wichtigste hier angefügt ist; Fotos und Luftbilder der damaligen Moerser Altstadt mit der Synagoge und den Wohnstätten der Familie in der Kirch- und der Friedrichstraße; die Deportation der Großeltern von 1941 nach Riga und der Beitritt von Moers zum internationalen Riga-Komitee; die Fotos der Stolpersteinlegung von 2013 und die der Ausstellung „Flucht vom Niederrhein“ von 2017 mit den Dokumenten zu der geretteten Renate Chaim; das Riga-Gedenken mit dem Schulen am 11. Dezember 2021; die neue Geschichtsstation für die Kreuzung am Steinschen, die jetzt am 10. Dezember dieses Jahres aufgestellt werden soll.
Die Interaktion mit den Gästen und den Freunden von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit wurde so lebendig, dass Enkelin Audry Hadfield – s. das erste Foto – selbst mit an die Tafel kam.
Auf dem Stick mit Dokumenten, den die Gäste dann nach England mitnehmen konnten, sind neben den bei dieser Gelegenheit gezeigten 72 Folien weitere 59 Dokumente zu den geflohenen Kindern Chaim gespeichert, die unser Mitglied Chantal Stapff 2017 zu „Flucht vom Niederrhein“ aus dem Nationalarchiv in Brüssel mitgebracht hat.
Dieser denkwürdigen Runde oben in der NS-Dokumentationsstelle – sicher eine der Sternstunden unserer Arbeit – schlossen sich ein Stadtrundgang mit Heidi Nüchter-Blömeke und eine Führung mit Museumsleiterin Diana Finkele durch die neue Dauerausstellung zum Moerser 20. Jahrhundert im Hochparterre an. Auch dort waren schon Dokumente zum Schicksal von Renate Chaim in die Biografien zu den Biomonitoren eingearbeitet worden.
Schon die Verabschiedung der Gäste war ausgesprochen herzlich. Aber auch die späteren Rückmeldungen aus England bestätigen, was der Aufenthalt in Moers ihnen gegeben hat.
Im Original schrieben sie uns:
Dear Bernhard
I would to thank you and your colleagues so much for sharing what you know with us.
You and all your colleagues who gather all the information will live with me forever. I will never forget you all.
Audrey and I wish to make a contribution to purchasing a stumbling block for another person and perhaps you will remind me how to do this.
With great affection and thanks.
Yvonne Broadhead
Dear Bernhard & Martin
I hope you do not mind a joint email but I wish to repeat in writing my thanks for your kindness, and that of your colleagues, last Saturday.
You were all so generous with your time and attention, and made us feel most welcome. It is very greatly appreciated.
The visit to Moers was, as I am sure you will understand, a very emotional experience for us all but especially for Audrey and Yvonne, Moritz and Golda’s grandchildren. And to see for the first time a photograph of their own mother as a child; well I cannot describe the feeling. The care and friendship you showed to us eased things.
I also wish to add my appreciation of the work your respective societies have done both in ensuring victims of the Holocaust and of the Hitler regime generally are not forgotten, and your determination that the new generations are made aware of the dangers of dropping the guard as regards extremism. As Bernhard said, we live in a time when such threats appear again to be growing, and it is so easy to say „It could not happen again“ and ignore the dangers.
My kind regards to you both and to your colleagues.
David Hadfield