Unseren ganz herzlichen Dank und Glückwunsch!
Auch von „Erinnern für die Zukunft“ und der NS-Dokumentationsstelle der Stadt Moers aus
gratulieren wir Friedel Zahn ganz herzlich zu ihrem 100sten Geburtstag am 21. September 2022.
Auch wir verdanken der früheren Leiterin der Stadtbücherei viel,
die über Jahrzehnte die demokratische Nachkriegs-Geschichte in Moers mitprägte.
Als wir uns Ende der 1980er Jahre auf die Suche nach Zeitzeugen für unsere erste große Dokumentation zur Moerser NS-Zeit machten,
war Friedel Zahn eine unserer wichtigsten Ansprechpartnerinnen und Informationsquellen.
Sie kannte einfach alle und gab die richtigen Tipps.
Schon bei ihrem Start 1947 in der damaligen Moerser Stadtbücherei in der Kirchstraße 11
hatte Friedel Zahn die Aktiven des Studio 45 um Hanns-Dieter Hüsch erleben können, die nach einer ganz anderen Kultur als jener der Nazis lechzten.
In den 1950er und 1960er Jahren konnte sie selbst zahlreichen jungen Leuten Lektüre und Gesprächsraum bieten, die über den Muff der Adenauer-Ära hinausblicken wollten.
Leider scheiterte beim Neubau der Bibliothek ein erster Anlauf zu einer Gedenktafel für die ermordeten Moerser Juden, angeregt durch den Arzt Dr. Ulrich Fehring.
In den 1960er und 1970er Jahren führte die Zusammenarbeit Friedel Zahns und zahlreicher Moerser Christen mit Professor Kremers und der Christlich-Jüdischen Gesellschaft in Duisburg zu all jenen Fixpunkten,
ohne die wir uns heute Moers nicht mehr vorstellen wollten:
1982 das Mahnmal für die ermordeten Moerser Juden in der Altstadt,
1987 die Moerser Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, bei deren Gründung Friedel Zahn den Vorsitz für die evangelische Seite übernahm,
ab 1989 die regelmäßige Einladung überlebender Moerser Juden und die Jahrzehnte lange Korrespondenz mit ihnen, 1991 die Dokumentation „Geschichte der Moerser Juden nach 1933“.
Bevor Friedel Zahn 1984 in den wohlverdienten Ruhestand ging, setzte ihre „Zentralbibliothek“ 1983 noch einen ganz wichtigen Akzent auf die Rückbesinnung auf die „Machtergreifung“ in Moers vor 50 Jahren.
In den 1920er Jahren, als Friedel Zahn zur Schule ging, hatten sich die Moerser Deutschnationalen, die ja die Republik ablehnten,
nach ihren Wahlsiegen im Evangelischen Gemeindesaal getroffen – so auch die Moerser Nazis nach der „Machtübergabe“ an Hitler Anfang Februar 1933.
Mit ihrem Wirken über genau ein dreiviertel Jahrhundert verkörpert Friedel Zahn – Tochter eines Pfarrers aus der Bönninghardt, der sich früh der Bekennenden Kirche anschloss – ein heute anderes Moers.
Möge sie uns noch lange erhalten bleiben und bei unserem Bemühen, aus der Moerser Geschichte zu lernen, weiter beistehen!
Ulrich Hecker und Bernd Schmidt