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15.05.2018
Für die Zukunft erinnern ....


Quelle: Stadt Moers - Armin Rosenauer

In den 80er Jahren trieb Bernhard Schmidt, manchem Kollegen vielleicht noch als Leiter der VHS bekannt, ein Gedanke um: Obwohl das "tausendjährige" Reich bereits seit Jahrzehnten der Geschichte angehörte, hatten sich doch die wenigsten Bürger in Moers mit diesem Teil ihrer Geschichte auseinandergesetzt. Eine Aufarbeitung der Moerser Vergangenheit suchte man vergeblich - geschweige denn eine selbstkritische.

Erste Versuche das Gymnasium Filder Benden, das als früheres Aufbaugymnasium einen neuen Namen bekommen musste, zu Ehren des Widerständlers Hermann Runge umzubenennen, wurden 1990 in der Schulkonferenz knapp abgelehnt. So setzten sich Bernhard Schmidt, Elternvertreter an der Schule, und Lehrer Fritz Burger zusammen um die Arbeit der Widerständler in Moers anders zu ehren. "Hmm, welchen Widerstand denn?" - eine Frage, die sie zu Beginn Ihrer Arbeit häufig hörten. Doch sie machten unbeirrt weiter und veröffentlichten 1994 ihr Buch: Tatort Moers.

Heute - zehn Jahre nach seiner Pensionierung - steht Bernhard Schmidt vor vollen Aktenschränken, gefüllt mit Dokumenten aus der NS-Zeit des früheren Kreises Moers. Über die Einladung ehemaliger Zwangsarbeiter seit 1996, das Widerstandsmahnmal vor dem Alten Landratsamt (2000), die Dokumentation "Moers unterm Hakenkreuz" (2008) und die jährlichen Stolperstein-Legungen ab 2013 und die neuen Forschungen zur "Euthanasie" sind mehr als 30 Meter Akten, CD's und Fachbücher zusammengekommen. Aus dem mit der Stadt vereinbarten "Depositum Dr. Schmidt" wurde die NS-Dokumentationsstelle des Moerser Stadtarchivs im Weißen Haus: Dokumente, wie man sie 1945 vor dem Eintreffen der Alliierten schnell mal vernichtet hat - und "ein fulltime-job", so Dr. Schmidt, "den ich sehr gerne mache und der mich jung hält".

Immer wieder stellen sich bei dem aktiven Pensionär allerdings auch Zweifel ein, ob die Menschen aus der Geschichte denn wirklich etwas lernen wollten. Aber, so tröstet er sich im Gespräch: "Ohne diese kontinuierliche und flächendeckende Aufarbeitung der Vergangenheit, wie sie seit Jahrzehnten in Deutschland stattfindet, würde der politische Rechtsruck, den wir aktuell erleben, wohl noch stärker ausfallen."

Gerade deswegen ist es wichtig, die Vergangenheit nicht zu vergessen und sich weiter zu erinnern. Auch in der Moerser NS-Dokumentationsstelle, die nach Abschluss der Renovierungsarbeiten des alten Landratsamtes im Herbst 2019 eben dort einziehen wird. An die Stelle, von der aus die Nationalsozialisten damals den Kreis Moers beherrschten. Dort soll nun eine kritische Dauerausstellung zum Moerser 20. Jahrhundert entstehen, die das Grafschafter Museum im Moerser Schloss ergänzt. Wichtig dabei: das Gebäude wird auch ein Lernzimmer für weitere Nachforschungen in Zusammenarbeit mit den Schulen bieten. Zudem gibt es künftig eine Gasstätte mit Außengastronomie als "Ankermieter".

Für die weitere Arbeit sieht Bernhard Schmidt sich und sein Team beim Verein "Erinnern für die Zukunft" gerüstet: "Mit der Ausstellung 'Flucht vom Niederrhein 1933-1945' im Moerser Schloss, die soeben zu Ende ging, ist unsere Generalprobe für das Alte Landratsamt geglückt: Die Zusammenarbeit der Ehrenamtlichen und dem Museumteam um Frau Finkele. Ich glaube, alle Moerser können sich zusammen mit uns auf dieses Haus der Demokratiegeschichte freuen - ein schönes Ergebnis bürgerschaftlichen Engagements!"